30. September 2016, die mittlerweile 12. Eigenproduktion der Vereinigten Bühnen Wien feiert ihre Premiere im Raimund Theater.
SCHIKANEDER! oder Die turbulente Liebesgeschichte hinter der Zauberflöte, ein vielversprechender Titel. Die Idee ein wenig altbacken, aber dennoch charmant. Ein Leading Team das auf viel hoffen lässt. Komponist STEPHEN SCHWARTZ ist für unverkennbare Blockbuster Melodien bekannt, folglich ist es nachvollziehbar, dass hier die Erwartungen hoch angesetzt sind. Ihm an der Seite ist TEVOR NUNN als Regisseur für eine schwungvolle Inszenierung verantwortlich.
Angerichtet wurde einiges, so hat TREVOR NUNN seinen Titelhelden, den mittlerweile allgegenwärtigen MARK SEIBERT derart charmant und treffend in Szene gesetzt, dass man sich tatsächlich fragen muss, warum hat man SEIBERT bisher nie so treffend inszeniert gesehen?
SEIBERT ist die Show. Er gibt den nicht erwachsen werdenden, hinter jedem Rockzipfel herjagenden und tölpelhaften Titelhelden erschreckend authentisch. Ob SCHIKANEDER ohne SEIBERT auch so unterhaltsam ist, wird sich zeigen. CATS ohne Memory ist auch schwer vorstellbar.
An seiner Seite brillieren gleich zwei großartige Frauen. MILICA JOVANOVIC darf als Eleonore an Schikaneders Seite lieben und leiden. Ein bisschen leidet man mit ihr mit, wenn sie von ihrem liederlichen Gatten wieder mal ungeniert betrogen wird.
KATIE HALL frisch aus dem Londoner West End nach Wien geholt, hat als MARIA ANNA MILLER einen ehr kleinen Part übernommen, füllt diesen aber mit viel Leben und Energie aus. Ihr Bühnendeutsch ist überraschend klar, manch anderer, sich bereits seit längerem im deutschsprachigen Musical Sektor rumtreibender Darsteller könnte sich von HALL eine Scheibe abschneiden. Ihre Einstellung zeugt von höchster Professionalität. Ihre Performance bleibt trotz der Kürze im Gedächtnis.
Gesamt betrachtet hat die Casting Abteilung der VBW diesmal ein wirklich gutes Ensemble zusammengestellt. Starke Stimmen sind aber auch von Nöten wenn man bedenkt, dass der Orchestergraben mit mehr als 30 Musikern bestückt ist. Ein großer Klangkörper für große Melodien. Nun, ganz so ist es dann leider doch nicht. STEPHEN SCHWARTZ hat eine flüssige Partitur jedoch ohne wirkliche Höhepunkte geschaffen. Der große Kracher, der WOW-Effekt, der eine Song der dich tagelang nicht mehr los lässt, den hat es für SCHIKANEURE anscheinend nicht gegeben. Gewiss, TRÄUM GROß bleibt einem schon in Erinnerung, das schuldet aber eher der stetigen Wiederholung des musikalischen Themas und weniger der Ohrwurmqualität.
TREVOR NUNN hat das mitunter bunte Treiben gekonnt in Szene gesetzt. Die Bühne auf der Bühne erinnert ein wenig an die opulenten Barrikaden in Les Miserables. Allzeit dominant, allzeit präsent, zeigt immer wieder, dass die Welt eine Bühne ist. Noch ein Vergleich mit TREVOR NUNN`s erfolgreicher Inszenierung von Victor Hugos Meisterwerk sei erlaubt. Damals wie heute zeigt sich ein banaler „Turntable“als äußerst effizient. Ein kurzer Dreh und man befindet sich auf der Seitenbühne und bekommt ansonsten verborgene Einblicke in die Welt des Theaterzaubers. Wollen wir hoffen, dass dem Wiener Turntable zumindest ein Bruchteil des Erfolges, den der Londoner Turntable genießt, vergönnt sei.
Kommen wir zur wahren Schwachstelle des Stückes, der Geschichte. Vielversprechend zu Beginn verliert sie sich bald, wendet und dreht zu oft die Richtung, sodass man zwischendurch ins Grübeln gerät, wo die Reise denn hingehen soll. Struppecks Interpretation des Theatermachers zeichnet einen umtriebigen Lebemann der mehr Muskeln als Hirn besitzt und dem man nicht wirklich zutraut, einen derart großen Wurf wie die Zauberflöte zu fabrizieren. Die Story erinnert ein wenig an eine Soap Opera, ein unterhaltsamer, wenn auch wenig origineller Rosenkrieg in wunderbarer Kulisse.
Aber gut, wen kümmert die Story, wenn STEPHEN SCHWARTZ und TREVOR NUNN gemeinsame Sache machen in Wien und als Sahnehäubchen MARK SEIBERT auch noch seinen Astralkörper zur Schau trägt.
Die 12. Eigenproduktion präsentiert sich als unterhaltsamer Theaterabend mit einem zur Hochform auflaufenden MARK SEIBERT, grandiosen Damen und einem kräftigem Orchester unter der Leitung vom Mann am Cembalo, KOEN SCHOOTS.
Die Tage werden kürzer und was gibt es da besseres, als einen netten Abend bei leichter Unterhaltung zu genießen. Wer sich allerdings erhofft mehr über die Person Schikaneder zu erfahren, der wird wohl etwas enttäuscht sein.
Videomaterial und alle weiteren Infos gibts auf der Homepage der VBW: www.vbw.at