Malum Prohibitum!

Veröffentlicht: Februar 26, 2013 in Neues, Ronacher, Theater, Wien

Hauptfigur Elle Woods Zitat aus dem neuen Erfolgs(?)Musical Natürlich Blond, trifft den Nagel auf den Kopf. Malum Prohibitum: „Etwas, das nur durch den derzeitigen Konsens der Gesellschaft oder der momentanen Gesetze schlecht ist, aber nicht durch seine eigene Natur“, wobei schlecht in diesem Fall ein wenig zu hart definiert sein mag. Es passt jedoch die Metapher der Kernaussage zu den Ereignissen im Wiener Ronacher Theater. Mit Natürlich Blond ist laut Alfons Haider (und der muss es ja wissen) wieder ein Stück mehr Broadway in Wien angelangt. Worauf sich diese Aussage stützt, sei dahingestellt. Ähnlichkeiten finden sich vielleicht in den Ticketpreisen, die ganz schön unverfroren in die Höhe schießen. Während in London bei selbigem Stück, die erste Reihe als sogenannte Day Seats äusserst preiswert angeboten wurden, darf man hierzulande tief in die Taschen greifen, um dann auf den sogenannte VIP-Sesseln Platz zu nehmen. Diese versprechen beste Aussicht auf Bühne und Orchester. Wer seinen Blick in den Graben schweifen lässt, muss feststellen, dass dort keine Streicher anzutreffen sind. Diese wurden quasi in die Verbannung geschickt und fiedeln in irgendeinem Kämmerlein des Ronacher. Der Grund dafür? Rätselhaft. Ein Orchestergraben ohne Streicher ist wie eine Ehe ohne Sex.

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Intendant Christian Struppeck erweckt in einem Interview mit derstandard.at verstärkt den Eindruck, Zweifel an den Hit-Qualitäten seines neuen Stückes zu haben.“ Selbst wenn Natürlich Blond ein Hit wird, kann es sich aufgrund der Fixkosten nicht ausgehen“, so Struppeck.
Selbst wenn? Was wenn nicht, Herr Intendant, oder anders gefragt, was dann? Eine Eigenproduktion mal wieder, oder erneuter Import von der Insel?

Wer’s locker nimmt, erhält einen unterhaltsamen Abend. Die Übersetzungen ergänzen sich großteils mit den Melodien, manch Stolperstein konnte aber nicht verhindert werden. Die Originalvorlage, keineswegs ein literarisches Meisterwerk, lebt von den Wortspielen und Doppeldeutigkeiten, das sogenannte Comic Timing geht zu jeder Zeit auf. Der Silbenreichtum der deutschen Sprache und das immens hohe Tempo der Show verhindern eine ähnliche Wirkung in der Wiener Fassung. Es geht Schlag auf Schlag. Mitschuld daran trägt auch Koen Schoots, der seinen Taktstock mächtig wirbeln lässt. Auf seine Darsteller scheint er dann und wann mal zu vergessen, während diese sehnsüchtig, aber vergeblich auf den Einsatz des Maestros warten.

Dann sind da noch die Darsteller. Barbara Obermeier als blonde Intelligenzbestie Elle Woods kann durchaus überzeugen. Ihre Stimme ist kräftig und weiß auch in den Höhen zu gefallen. Ihr Gesang klingt gesund, keineswegs gequetscht oder gedrückt. Ihr Schauspiel hingegen ist mäßig bis fad. Wenn sie Warner Huntignton den Dritten ( Hendrik Schall) umschmeichelt, wirkt das, als würde die zarte Obermeier den Hünen erdrücken wollen, anstatt mit ihm zu spielen, auf ihn einzugehen und zu agieren. Aber wen kümmert’s. Das Ensemble beweist, dass es Highspeed- Seilspringen kann und körperlich in außerordentlich guter Form ist. Stimmlich war das ein oder andere Quietschen leider nicht zu vermeiden. Auch die deutsche Sprache scheint manchen Probleme zu bereiten, was der Verständlichkeit nicht gerade zu Gute kommt.

01_NATUERLICH%20BLOND_Copyright%20VBW%20Brinkhoff%20Moegenburg_klein Mit Alexander Goebel hat man sich einen Namen ins Boot geholt, der in Österreich für Musical-Geschichte steht. Galt er doch als DAS Phantom der Oper. Erzählt man sich vom „Goebl“- Phantom, geraten die Menschen ins Schwärmen. Damals noch magisch, verzaubernd, von einem Hauch des Mystischen umgeben, gleicht sein Spiel jetzt einem Comic Relief, nicht mehr und nicht weniger. Statt Spannung auf- wird Spannung abgebaut.

NATÜRLICH BLOND ist Unterhaltung auf sehr oberflächlichem Niveau, voll mit Klischees und Kitsch. Ein paar gesangliche Leckerbissen sind ebenso vorzufinden wie Hunde, gut durchtrainierte Damen und Herren, oder ein Musicalstar aus vergangenen Tagen. Nicht zu vergessen den besonderen Bonus der VIP-Hocker. Ob’s der neue Musical-Hit sein wird, auf den alle gewartet haben, wird sich in den nächsten Wochen weisen. Struppeck und sein Team werden die mediale Klatsche durchaus verkraften und in Zukunft gut überlegen, ob ein Stück, wenn auch anderenorts ein Erfolg, denn auch nach Wien passt. Gewisse Überlegungen bezüglich seiner Rede auf der Premierenfeier hätten Kulturstadtrat Dr. Andreas Mailath-Pokorny wohl auch nicht geschadet. So verkündete er ganz sorgenfrei,“das Rathaus ist PINK, wer gedacht hätte es sei rot, der hat geirrt.“ Außer Acht gelassen hat er hier wohl, dass es eine Partei (NEOS) gibt, die PINK als Erkennungsfarbe verwendet. Oder hat der Herr Stadtrat unabsichtlich Details zu einer möglichen Trendwende in den heiligen Hallen des Rathauses bekannt gegeben? Es hält sich wie mit der Frage, warum die Streicher von ihrem üblichen Arbeitsplatz verbannt wurden, sie bleibt wohl unbeantwortet.

Infos zum Stück: Natürlich Blond

Pressestimmen:
orf.at
Kurier.at
Kleine Zeitung
derstandard.at
Wiener Zeitung
Oberösterreichische Nachrichten

Kommentare
  1. Katharina sagt:

    …weitere Fragen wären wohl, warum Brutus kein Chihuahua mehr sein darf, Elle Woods alles andere als schlank ist, zu enge Hosen trägt, trotz mäßiger Schuhabsätze nur herumwackelt und als einstige Cheerleaderin bei uns das Tanzen verlernt hat? Wien ist anders…

  2. […] am Rande hinzugefügt. Aber noch ist es nicht soweit, bis auf Weiteres bleibt das rosablonde Malum Prohibitum im Ronacher bestehen und wurschtelt sich mehr schlecht als recht mal bis zu Sommerpause und […]

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