Es gibt Musiker die ihr Instrument beherrschen wie kaum ein anderer, es gibt Sänger derer Stimme man sich nicht entziehen kann und es gibt Komponisten, deren Kompositionen einen nicht mehr loslassen. Rory Six ist einer davon.
WENN ROSENBLÄTTER FALLEN handelt von Krankheit, Leid und Tod. Nichts, worüber man sich etwa beim Abendessen gerne unterhält, nicht unbedingt etwas, das die Massen reißerisch ins Theater zu ziehen vermag, würde man denken.
Zwei CD Aufnahmen und diverse Aufführungen sprechen eine eindeutige Sprache, der Ruf nach Musicals, die sich mit ernsthaften Themen auseinandersetzen, wird zunehmend lauter. Ab September etwa wird das Stück im Theater Hof (in Bayern ganz oben rechts) zu erleben sein.
Doch damit nicht genug. Gemeinsam mit David Nando hat Six eine englische Version erarbeitet. Nicht gerade risikoarm, zeigten doch die jüngsten Geschehnisse am deutschsprachigen Musical Markt, wie schnell man mit einer halbherzigen Übersetzung ein Stück in den Sumpf der Belanglosigkeiten schicken kann. Unlängst lud Komponist Six zum Reading des Stückes.
Um es mal ganz banal und in rosa auszudrücken: „Es benötigt Herz.“ Natürlich auch Verstand und Geschick und das alles vereint Six. Die englische Version „A Summer Rose in Winter“, präsentiert sich geschickt transponiert. Was meine ich damit? Nun, es wurde nicht nur der Text übersetzt, sondern auch an den jeweiligen Charakter angepasst. Satzkonstellation und die Wahl der Wörter verleihen der Rolle zusätzliche Authentizität und lassen sie noch realer erscheinen. Was bei manch anderen Übersetzungen eher an die Verwendung von google translate erinnert, präsentiert sich hier als eigenständiges, in sich schlüssiges Werk.
Zurück zum Reading. Six nahm persönlich Platz am Klavier, nicht ohne zuvor das Publikum darauf hingewiesen zu haben, aufgrund fehlender Probezeit bei etwaigen Fehlern nachsichtig zu sein und wies drauf hin, dass es sich lediglich um ein Reading handle, man also vorrangig nur lesen und singen werde.
Nun, dass der gute Herr Six ein wenig tief gestapelt hat, möge man ihm an diesem Punkt getrost verzeihen. Schon beim ersten Ton war klar, an diesem Nachmittag mehr als nur ein Reading im klassischen Sinne serviert zu bekommen. Es ist immer etwas besonderes, wenn der Komponist selbst sein eigenes Werk zum Besten gibt. Ich hätte nichts dagegen einzuwenden gehabt, hätte Six allein mit dem Klavier den Gesamtscore instrumental zum Besten gegeben, so intensiv, so berührend war sein Spiel.
Jacqueline Braun (ROSE), Marle Martens (IRIS) und Riccardo Greco (TOM) erwiesen sich als homogene Truppe. Braun und Greco interagierten und harmonierten auf eine, für ein Reading unübliche Art und Weise. Tränenreich ihre Interpretation, aufwühlend, ergreifend, aber auch herzerwärmend. Wer würde denn nicht gerne von seiner dahingeschiedenen Mutter Anweisungen in Briefform erhalten.
Die drei haben an diesem Nachmittag gemeinsam mit Six bewiesen, dass man für ein „großes“ Musical keinerlei spektakuläre Kulissen, aufwendige Kostüme oder gar Hunde benötigt. Braun, Martens, Greco, Six, drei Mikros, handgerechte Requisiten, ein Klavier und ein Stück das unter die Haut geht, weil es authentisch wirkt, nicht banal kommerziell gestaltet ist, sondern eine Botschaft beinhaltet und schafft, diese auch zu transportieren.
Six beabsichtigt, sein Stück auch im englischsprachigen Raum aufzuführen. Mit dem Reading in Wien allein ist es freilich nicht getan, aber ein Grundstein ist gelegt und zwar einer, der sich sehen lassen kann.
A Summer Rose in Winter / Wenn Rosenblätter Fallen
Musik: Rory Six
Liedtexte: Kai Hüsgen
Buch: Kai Hüsgen/ Rory Six
Englische Übersetzung: David Nando/ Rory Six
Zusätzliche Texte: Ellen De Clercq
Reading Cast:
Rose: Jacqueline Braun
Iris: Marle Martens
Tom: Riccardo Greco
Klavier: Rory Six
Website von Kai Hüsgen: Kai Hüsgen
Website von Rory Six: Rory Six
Infos zum Spielort Hof: Theater Hof
Die CD auf amazon: Wenn Rosenblätter fallen ( Filipcic, Stelley,Kurt)
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Wenn Rosenblätter fallen auf facebook:facebook/rosenblätter
Leider wurde der 2. Teil dieses wunderbaren Stückes durch ständiges Husten einer Person gestört und schade, dass diese nicht verstanden hat, dass dieses Stück keinerlei Störung verträgt und es weitaus weniger störend gewesen wäre, hätte sie den Saal verlassen. Inbesondere da ja ein Videomitschnitt für eventuelle Produzenten gemacht wurde.
Das ist eben Live Theater, da wird gehustet, geschluchzt, die Nase geputzt und dergleichen. Ich bin mir nicht sicher, ob es weniger störend gewesen wäre, aufzuspringen und den Saal fluchtartig zu verlassen. Es war trotz persistierendem Husten ein ergreifendes Reading.