SONGS FOR A NEW WORLD, das Erstlingswerk von Jason Robert Brown, feierte im Wiener OFF-Theater seine österreichische Erstaufführung. Der Liederzyklus dreht sich um Menschen vor wichtigen Entscheidungen, dramatischen Wendungen, oder großen Veränderungen. In der Partitur finden sich Elemente aus Swing, Gospel, Funk und auch Rythm and Blues wieder. Die Kompositionen sind als technisch anspruchsvoll zu bezeichnen. Brown hat seinen harmonischen Bogen äußerst komplex konstruiert, was von Musikern und vor allem den Sängern einiges an Können abverlangt. Kommerziell gesehen war das Stück, welches am OFF-Broadway zur Aufführung kam, kein Erfolg, die Spielzeit begann am 11. Oktober 1995 und fand ihr frühes Ende am 5.November 1995. Dennoch erfreut sich das Werk, genauer gesagt einige seiner Lieder, großer Beliebtheit. Besonders Stars and Moon (Sterne und Mond) wird als erfolgreichste Komposition von Jason Robert Brown gehandelt und findet sich im Repertoire vieler Solokonzerte wieder.

Die Zeiten in denen junge Talente auf die Gunst der Stunde warten mussten, scheinen langsam der Vergangenheit anzugehören. Wenn man ihnen keine Bühne gibt, dann schaffen sie sich eben selbst eine. Ein nicht gerade unriskantes Unterfangen, gehört doch wesentlich mehr dazu ein Stück auf die Bühne zu bringen als nur hübsch auszusehen oder schön singen zu können. Es erfordert ein Händchen für Organisation, Geschick in der Umsetzung und auch in der Kommunikation nach außen, man will ja schließlich nicht nach all den Anstrengungen vor leeren Rängen spielen. Lisa Greslehner und Philipp Dürnberger hatten im Sommer diesen Jahres die wagemutige Idee, Songs for a new World auf die Bühne zu bringen. Es wurden Ulrike Figgener und Konstantin Zander mit ins Boot geholt und sogleich Nägel mit Köpfen gemacht. Die Früchte ihrer Arbeit durften bei der Premiere am 07.12.2013 geerntet werden.
OFF-Musical ist so eine Sache für sich, manche Themen lassen sich schwer ins europäische Kulturgefüge einbringen, andere bieten ein realtiv seichtes musikalisches Muster das kaum wen um diese Jahreszeit von der Couch weglockt. Songs for a new World war diesbezüglich eine kluge und auch spannende Wahl, aber nicht unbedingt eine einfache. Wie eingangs bereits erwähnt verlangt Jason Robert Brown einiges von den Künstlern ab. Abgesehen von der Wandlungsfähigkeit, dem blitzschnellen Umschalten zwischen verschiedensten Charaktären, benötigen die Sänger auch einen ordentlichen Stimmumfang um den Kompositionen Leben einzuhauchen. Das OFF-Theater bietet einen idealen Rahmen für die Umsetzung von Werken wie diesem. Mit einfachen Hilfsmitteln und wenig Requisite werden die Zuseher auf die Reise mitgenommen, weniger kann oft auch mehr sein. Projektionen auf der Rückwand der Bühne etwa waren eine nette Idee, der Text zwar ob der schattenwerfenden Darsteller teilweise kaum zu lesen, aber wen interessiert denn schon der Text, wenn da vier junge Künstler auf der Bühne ein Unmaß an Feuer und Leidenschaft versprühen. Musical hat sehr viel mit Gefühl zu tun. Natürlich lieben es die Zuseher wenn Kronleuchter auf die Bühne knallen, Vampire oder gar Kindermädchen durchs Theater fliegen, aber noch mehr mag es das Publikum, wenn es berührt wird von dem was Musical eigentlich ausmacht, von der Musik. Darum geht es doch, oder nicht?
Anfängliche Nervosität war schnell verflogen, stimmlich harmonierten die Vier auf sehr hohem Niveau, lediglich Dürnberger war in manchen Passagen im Vergleich zu seinen Bühnenkollegen etwas zu laut, was der Harmonie ein wenig die Spannung raubte. Kaum war das Stück auf Kurs gebracht, setzte Lisa Greslehner gleich den ersten Höhepunkt des Abends. Als betrogene Ehefrau steht sie am Abgrund, bereit zum Sprung. Ihr komödiantisches Timing sitzt, das Publikum kann sich ob der Darbietung kaum halten, auch wenn die Thematik alles andere als unterhaltsam ist, sieht diese Frau doch im Freitod die einzige Möglichkeit endlich erhöhrt zu werden. Wer Greslehner ihrer Hysterie Ausdruck verleihen sieht, kann sich zumindest ein Grinsen nicht verkneifen. Noch einen drauf setzt sie, wenn sie als Gattin des Weihnachtsmannes mit französischem Akzent darüber sinniert wie sinnlos ihre Beziehung doch ist, sogar Rudolph mehr Aufmerksamkeit als sie bekommt und sie dieser frustran verlaufenden Beziehung ein Ende setzten will. Da kann man nicht mehr anders als herzhaft über dieses naive Wesen zu lachen. Greslehner scheint das Rollenbild der vernachlässigten frustrierten Frau geradezu gepachtet zu haben, sie kann aber auch anders. Ruhige Momente scheinen ihr ebenso zu liegen, sie reguliert Tempo und Dynamik derart geschickt, dass man kaum davon genug bekommen kann. Die zweite Frau in der Runde, Ulrike Figgener nach „Wenn Rosenblätter Fallen“ keine Unbekannte im OFF-Theater, präsentiert sich ebenfalls in Sangeslaune. Ihre Stimme wirkt im Vergleich zu Greslehner wie ein Rohdiamant mit Ecken und Kanten, die ihr einen Touch an Jugendlichkeit und manches Mal sogar Unschuldigkeit verleihen, eine Wirkung die durch ihr Aussehen noch zusätzlich verstärkt wird.
Weder unschuldig im Aussehen noch im Auftreten präsentiert sich Konstantin Zander. Er philosophiert mit süffisanter Miene über die Macht der Frau und deren Tränen, reduziert sein Spiel dabei auf das Wesentliche, ihm genügt das Hochziehen einer Augenbraue, um den Saal in schallendes Gelächter zu tauchen. Gesanglich steht er den Damen des Abends um nichts nach, technisch mehr als versiert und mit charmantem Timbre versehen lässt Zander seine Stimme mit Leichtigkeit durch die anspruchsvolle Partitur gleiten.
Eben diese Leichtigkeit scheint dem Vierten im Bunde, Philipp Dürnberger, ein wenig zu fehlen, er benötigte einen Tick länger als alle anderen um seine Stimme in der Show zu positionieren, den Belag einmal von den Stimmbändern gesungen klappte es dann aber für den Rest des Stückes einwandfrei. Frenetischer Applaus beendete einen Abend der Lust auf mehr macht. Frische Gesichter auf der Musicalbühne, die für das Genre wahrlich brennen.
Das OFF-Theater bietet OFF-Musical, das mit viel Leidenschaft und dem Willen etwas zu bewegen von vier jungen Künstlern auf die Beine gestellt wurde. Sie haben damit bewiesen, dass Musical auch fernab von Klunker und Kommerz funktionieren und begeistern kann. Wenn man den Jungen keine Bühne gibt, dann nehmen sie sich diese eben selbst, wer sich davon überzeugen möchte, am 18.12.2013 findet eine Zusatzvorstellung statt, alle anderen Termine sind bereits restlos ausverkauft.
Abschließend fand sich noch Zeit mit Lisa Greslehner über die Entstehung des Projekts zu sprechen.
G.: Die Premiere ist geschafft, erleichtert, zufrieden?
L.G.: Sehr erleichtert. Wir sind sehr zufrieden, so eine Premiere und die Reaktion des Publikums sind das Schönste was uns passieren konnte. Jetzt fällt der ganze Druck ab, eigentlich können wir noch nicht glauben, dass wir das ganze Projekt wirklich durchgezogen haben.
G.: Wie kam es eigentlich zu der Idee, Songs for a new World in Wien auf die Bühne zu bringen und warum gerade dieses Stück?
L.G.: Die Idee kam Philipp (Dürnberger, Anm. des Autors) und mir im Sommer. Wir sind auf einer Holzbank gesessen und haben über den Job herum diskutiert und wie ja die meisten Musicaldarsteller wissen, ist es ja kein Honiglecken einen Job zu ergattern. Also dachten wir uns wenn uns jetzt gerade kein Job will, dann schaffen wir uns doch einen eigenen und bringen ein Stück auf die Bühne das es noch nie gab. Eigentlich war gleich unsere erste Idee Songs for a new World, da wir das Thema des Stückes genial finden. Mit jeder kleinsten Entscheidung kann sich alles verändern. Mit einem Schritt nur kannst du in eine neue Welt treten und das Alte hinter dir lassen, du musst es nur tun! Ja und die geniale Musik von Jason Robert Brown hat es uns sowieso angetan, wie raffiniert der alles komponiert hat, wir perfekt crazy jede Note gesetzt ist. Der Mann ist ein Genie. Wir wussten sofort, dass wir Ulrike Figgener dabei haben wollten, ich kannte Konstantin Zander von früheren Projekten und es war klar er muss auch dabei sein.
Und dann haben wir uns Anfang Oktober an die Organisation gemacht. Wir haben wirklich von A-Z alles selbst organisiert und es hat sich gelohnt. Am 9. November hatten wir unsere erste gemeinsame musikalische Probe mit Ronald Sedlaczek und seinen tollen Musikern, dann gings zack zack, wir haben Caroline Frank gefunden oder sie uns. Sie hat neben unserer gesanglichen und spielerischen Darbietung durch ihre genialen Ideen das Stück zu dem gemacht was es ist!
G.: Die Vorstellungen sind ja so gut wie ausverkauft, sind weitere Termine in Planung?
L.G.: Da die ersten 3 Vorstellungen ausverkauft sind, haben wir am 18. Dezember noch eine Zusatzvorstellung. Schnell Karten besorgen! Im neuen Jahr sind andere Spiellocations in Planung, aber das bleibt noch unser Geheimnis.
G.: Weil ja Weihnachten mit großen Schritten näher kommt, die Frage aller Fragen: Gibts ein Lieblingsweihnachtslied und wenn ja, welches?
L.G.: Mein Lieblingsweihnachtslied ist ganz cheesy aber es ist All i want for Christmas von Mariah Carey (lacht) jetzt verdrehn wahrscheinlich viele die Augen.

v.l.n.r.Philipp Dürnberger, Lisa Greslehner,Ulrike Figgener, Konstantin Zander
Infos zum Stück auf : www.facebook.com
Karten gibts unter: ichwillkarten@gmail.com
Wer den Vieren finanziell unter die Arme greifen möchte kann das hier tun: www.startnext.de